Dienstag, 13. Februar 2024

Dankbar

Kurzer Ausflug in die Metaebene. 
Es geht uns gut. 
Wir sind gesund. sicher. versorgt.
Unsere 1. Weltproblemchen sind nichts im Vergleich zu den Millionen von Menschen, die hungern, flüchten oder sonstwie leiden. Wir sehen die Bilder, wissen aber nicht, wie sich das anfühlt. Daher sind all das Hadern, Heulen und Hoffen eigentlich peinlich. Es steht in keinem Verhältnis zu dem, was wirklich zählt. 

Aber manchmal schrumpft die Welt eben. Sie dreht sich nur um unser kleines Leben und versperrt die Sicht. Der Weltschmerz ist nicht immer tragbar und wir verheddern uns im Alltag. Demut und Dankbarkeit versinken im Selbstmitleid.

Doch so ist es eben. So fühlt es sich an. Der Mikrokosmus unseres Lebens mit all seinen kleinen Puzzleteilen. Solange unsere Problemchen keine wirklichen Probleme sind, können wir dankbar sein. 

Donnerstag, 1. Februar 2024

Einfach anfangen

Nachdem ich wusste, worüber ich schreiben wollte, floss es nur so heraus. 

Ich schrieb mein digitales Notizheft voll. Es waren so viele Gedanken. Endlich bekamen sie Raum. 

Stand heute sind es 70 Ideen. Aber wo fange ich an? Metasicht oder praktische Alltagstipps? Kommen Liebe und Zuversicht bei all den "herausfordernden Themen" nicht zu kurz? 

Am Ende ist mir wichtig, dass ihr aus den vielen Puzzleteilen eine Idee davon bekommt, wie sich die letzten 5 Jahre angefühlt haben. Es ist eine subjektive Rückschau - auch auf eure ersten Lebensjahre, die ihr vielleicht nicht in Gänze erinnert. Also einfach anfangen. Gibt kein Falsch.






Samstag, 13. Januar 2024

Liebe Mädels

"Schreiblust" hieß der Blog, den ich mit 25 Jahren angefangen habe, zu schreiben. 2018 war mein letzter Eintrag. Dann veränderte sich das Leben rasant. Heirat, Haus, Kinder. 6 Jahre Grenzerfahrungen.

Nun tauche ich langsam wieder auf. Adé Meer der Überforderung. Tschau Insel der Fremdbestimmtheit. Ahoi Land des Selbstgefühls. Schreiblust olé.

Mit 42 habe ich die Krise zur Lebensmitte fast hinter mir gelassen und verspüre die Sehnsucht nach Vermächtnis. Ich möchte meine Gedanken und Erfahrungen vor allem meinen Mädels hinterlassen. 

Also "liebe Mädels" - das ist für euch...

Sonntag, 7. Januar 2018

What remains?!

Zwischen den Jahren laufe ich langsamer und sehe mehr. Die Frage, was wirklich zählt, hat jetzt mehr Raum.

Ich sehe das Skelett eines Blattes. Es zerfällt wie alles in der Natur. Daher no pressure aber nutze den verdammten Tag. Der Zerfall rückt näher.







Mit was man sich so beschäftigt. Und was so liegen bleibt während man (dran vorbei) läuft. Aber heute sind sie eben sichtbar - die vielen Kleinigkeiten:

Der Tau auf Blättern. Die einzelne Hagebutte am Strauch. Die zusammengebundenen Birken oder die Schienen, die ins Nirgendwo führen.



Sie fallen mir auf, weil ich hinschaue. Und flüstern: Genieße den Augenblick - er ist so schön.

Ist das ein Phänomen der Zwischenjahre? Ich werde es herausfinden.

Sonntag, 11. Januar 2009

Goodby 2008

In einigen Gebieten Deutschlands ist es üblich, das alte Jahr zu verabschieden, um für das Neue bereit zu sein. Ich glaube Schlussstriche sind immer gut. Daher werde ich in Erinnerung an 2008 alles aufschreiben, was leider bisher unveröffentlicht blieb. Mein schwarzes Büchlein und ich werden dann hoffentlich Frieden schließen...

Gedanken aus dem Juni 2008:
Im Sommer begegneten mir viele Menschen, die gebrochene Gliedmaßen hatten. Was war der Grund dafür? Dieses Phänomen könnte im Zusammenhang mit dem wochenlangen BVG Streik und den parallelen Rekordölpreisen stehen. In Berlin fuhr nichts mehr. Busse, Bahnen und teilweise auch viele Autos standen still. Gleichzeitig wurden die Nerven der restlichen Autofahrer auf eine harte Probe gestellt. Die Berliner stiegen auf's Fahrrad um und machten die Straßen zu ihrem Revier. Ob ein kausaler Zusammenhang zwischen diesen Ereignissen besteht, ist nicht bewiesen. Es bleibt in jedem Fall zu hoffen, dass Berlin 2009 streikfrei bleibt.

Ende Juni 2008:
"Jeder weiß was Abseits ist, doch niemand kann es erklären - das ist wie mit der Liebe."

Mein Artikel zur EM sollte die Überschrift "Das verschwommene Spiegelbild" tragen. Ich wollte über zu hohe Erwartungen und schlechte Kopien schreiben. Die Vorfreude war größer als die Realität und emotionale Überraschungsmomente fehlten. 

Die WM 2006 war unerwartet - das Fußballfieber, der Patriotismus, die jungen Wilden,
Spielspaß & Entertainment - es gab so viele Magic Moments und die Gemeinschaft sah zu - groß, größer, Public Viewing. Unsere Herzen wurden berührt und selbst die Slow Motion wirkte weniger kitschig als sonst. Der richtige Song zum richtigen Wetter – alles war perfekt.

Jeder weiß, dass sich solche Momente nicht wiederholen lassen. 
Daher meine Enttäuschung und Ernüchterung im Juni 2008.
Ich hoffe auf mehr Originalität im Jahr 2010! 


Gedanken aus dem Juli 2008:
Berlin wäre nicht Berlin ohne Proteste. Der Schönste für mich war die Wasserschlacht auf der Spree beim Kiki Blofeld im Sommer 2008. 

Viele kleine bunte Boote und Menschen mit Schwimmringen
blockierten diesen Teil der Spree und hinderten Ausflugsdampfer an der Weiterfahrt. Mit Trommeln und Pfeifen demonstrierten sie gegen die Bebauung des Gebietes, welche die Schließung vieler Strandbars zur Folge hätte. 14 Tage später stimmten 30.000 Berliner aus zwei Stadtteilen (die sich ansonsten nicht besonders mögen) gemeinsam gegen eine Bebauung. Dieses Votum war nicht bindet, setzte aber ein klares Zeichen. Es bleibt spannend an der Front des kreativen Widerstandes. Drücken wir die Daumen, dass Berlin einen Teil seiner Ursprünglichkeit bewahren kann und wir noch viele Sommer mit nackten Füßen im Sand ein kühles Blondes genießen können.

Gute Welt – böse Welt:
Ich bin mit dem Connex nach Rostock gefahren und habe einen Artikel im SZ Magazin über Jörg Jaksche und die Maschinerie des Dopings gelesen. Scheiß Spiel dachte ich mir – es geht doch immer nur ums Geld. Welch unglaubliche Berechnung und Ungerechtigkeit hinter den Dingen steckt. Wir sprechen über offene Geheimnisse – alle wissen es. Aber die Show – das Geschäft – all das ist wichtiger. Ekelhaft. Ich fragte mich, woran ich noch glauben kann, wenn Ehrlichkeit, Moral und Anstand auf der Strecke bleiben? 

Mitten in meiner Wut erklang es aus dem Lautsprecher: „Susi, Wagen 5 Platz 6 möchte gerne eine heiße Schokolade sei so lieb und bring sie ihm“. Die unerwartete Ansagen des Zugchefs holte mich in die "gute Welt" zurück. Es erinnerte mich an die vier Mädels in Rostock, die sich zum Spaß verkleideten und dann voller stolz posierten. Ach könnte das Leben doch immer so unbeschwert und einfach bleiben.

Obama in Berlin (24.07.2008):
Am meisten beeindruckt hat mich die Unterschiedlichkeit der Leute, die seine Rede hören wollten – Familien, Rentner, Touris, Schulklassen, Tussis und Schlipsträger. Es herrschte Volksfeststimmung – Würsten, Bier und Luftballons. Toll! 

Die Rede an sich war gut (soweit ich sie verstanden habe) 
– aber wenn ich ehrlich bin, kam in unserer Ecke keine richtige Stimmung auf. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich alleine klatsche und die Leute nicht wirklich mitgerissen wurden. Im Fernsehen wirkten die 200.000 Menschen viel enthusiastischer. 

In jedem Fall kann ich meinen Kindern später erzählen – das ich dabei war. Ich habe den ersten schwarzen Präsidenten der USA bei seiner berühmten Berlin Rede live gehört und gesehen (na ja über Lautsprecher und Leinwände – aber wen kümmert’s – die Erinnerung wird’s schon glorifizieren).

Gedanken aus dem August 2008:
Berlin stinkt!
Wir rätselten woran das gelegen hat. Zum Einen war der geringe Wasserverbrauch der Leute schuld. Diese verdammten Spülstopptasten. Die Exkremente stockten in den Kanalisationen und die Sonne tat ihr übriges. Es stank und die Kanalisation musste händisch nachgespült werden. Der Einspareffekt war gleich null.

Einen Tag nach Obamas Rede roch die Stadt nach einem Mix aus Hundekot und Erbrochenem. Böse Zungen behaupteten, das war ein misslungener Säureanschlag auf den zukünftigen Präsidenten. Na klar – so wird’s gewesen sein... Der wahre Grund ist nicht weniger absurd. Eine explodierte Parmesanfabrik war der Übeltäter. Aber im Gegensatz zum „stockenden Kot“ in der Berliner Kanalisation war dieser „Giftgasanschlag“ nur von kurzer Dauer.

Trotz dieser beiden Stinkstiefel, war der 2008er Sommer ein wunderbarer. Ich habe mich gefühlt wie an der See. Der warme Wind streifte den Körper, zersauste das Haar, ließ einen die Arme weit öffnen und die Augen schließen. Dieses Gefühl war das Beste an diesem Berliner Sommer.

Sommer vorm Balkon...
...ist ein toller Film. Sommer auf der Dachterrasse war 2008 entspannte Realität. Zwei der vielen Themen, die wir in trauter Runde diskutiert haben, sind mir in Erinnerung geblieben...

Wir sprachen über den König von Australien. Vor 37 Jahren erklärte Leonhard Casle Australien formal den Krieg. Der Bauer berief sich auf ein längst vergessenes Gesetz und gewann. Sein Land “Province Hutt River“ ist 13.000 Hektar groß. Die Hauptstadt Nain hat 30 Untertanen – weitere 13.000 leben im Ausland. Das kleine Königreich hat eine eigene Briefmarke und eine eigene Währung. 27.000 Touristen kamen 2008 zu Besuch. Nach der „Machtergreifung“ setzte der König von Australien durch, dass alle Untertanen Solaranlagen aufstellen mussten. Sie waren damit die ersten „Ökos“ auf dem fünften Kontinent. Wenn Leonhard und seine Herzdame Shirley eines Tages sterben sollten, stehen momentan fast 60 Erben bereit, um die glorreiche Casle Dynastie fortzuführen. Schön.

Außerdem beschäftigte uns die Frage, warum die Leute in der DDR scheinbar keine Gewichtsprobleme hatten.
Jedenfalls sieht man überwiegend dünne Menschen in den zahlreichen Reportagen.
Für die Wessies in der Runde war klar: „Die hatten doch nix – die konnten doch gar nicht dick werden.“ Nach längerer Diskussion sind wir zu dem Schluss gekommen, dass es der klassische Mix aus gesunder Ernährung und Bewegung gewesen sein muss, der die Form wahrte. Der Weg zur Arbeit war meistens kurz und da selten ein Auto vorhanden war, sind die Leute mit dem
Fahrrad gefahren. Zudem gab es weniger Nährstoffe im Essen und die Zutaten waren ausgewogen (Obst und Gemüse hatte fast jeder im Garten). Es wurde maßvoller gegessen, da es keinen Überfluss gab.

Was bleibt von 2008?
Die Erkenntnis, dass die kleinen Dinge des Lebens 
die Schönsten sind.

Das letzte Wort hat Funny: „Es ist besser ein kleines Licht anzuzünden, als über die große Dunkelheit zu schimpfen“   


Sonntag, 3. August 2008

Das Ampelmännchen ist out

Das erste Mal bemerkte ich, dass etwas anders war nachts als ich aus der Türkei wiederkam. Unerwartet und irreal sah ich
anstatt rot ein Herz
anstatt gelb einen Stern
und anstatt grün einen Tropfen.

Es regnete und ich glaubte, dass sei mein melancholisches Bild von Berlin, welches ich immer habe, wenn ich in die Stadt zurückkehre.
Doch ein paar Tage später fuhr ich mit dem Fahrrad eine neue Strecke zur Arbeit und sah die drei Symbole wieder. Ich verpasste 5 Grünphasen, um die Ampel zu fotografieren.

Ich fragte mich, was das soll?
Komischerweise dachte ich zuerst: Wie großartig ist diese Stadt! Nur Berlin kommt auf die Idee, seinen Bürgern etwas Ungewöhliches zu bieten. Es sah alles so professionell und gewollt aus - so amtlich!

Das dahinter Straßenkünstler steckten, die Ampeln (illegal) besprüht haben, wäre mir nie in den Sinn gekommen. Doch die Frage bleibt, was soll das?
Vielleicht eine Umweltaktion: "Liebt eure Erde und passt auf sie auf" (Herz = Liebe; Stern = Sonne; Tropfen = Wasser).

Aber eigentlich ist es egal, ob es einen tieferen Sinn gibt. Die Ampeln bereichern die Stadt und reißen die Menschen für einen kurzen Moment aus ihrem Trott. Dieses Unerwartete durchbricht das gewohnte Schema und lässt die meisten Menschen schmunzeln.

Daher hoffe ich, dass die "Gesetzlosen" weitermachen und alle Ampeln Berlins "verschönern".
Und wenn Berlin schon nicht selber auf diese glorreiche Idee gekommen ist, so wird diese liberalste aller Städte doch hoffentlich im Sinne von "be Berlin" von einer Bestrafung absehen.

Ein Hoch auf den Aktivismus!

Mittwoch, 28. Mai 2008

Stille in der Großstadt



Ich arbeite an einer lauten Strasse. Wenn ich mal den Kopf frei bekommen möchte, laufe ich über die Ampel und trete in eine andere Welt ein.
Der Torbogen ist grün berankt und innendrin ist es totenstill. Der Friedhof ist verwildert und die Gräber erinnern an Zeiten, in denen Menschen noch Heinrich, Agnes, Rudolph und Carl hießen.
In allen Ecken stehen Bänke unter Weiden, der Flieder blüht und die Vögel singen.
Ich fühle mich entspannt an einem Ort der Trauer? Ja.
Denn es fühlt sich eher an wie ein kurzer Besuch in der Toskana. Die Mauern sind so hoch - der Lärm der Stadt schafft es nicht hinein.
Zwei Dinge habe ich festgestellt. Zum Einen gab es früher schönere Berufsbezeichnungen. Da liegt der Magistratsbureauleiter neben dem Commerzienrat, Rittergutsbesitzer und dem Rentier. Damit ist natürlich nicht die Hirschart in den Tundren gemeint. Sondern eine Person, die vom angelegten Kapital oder der Landverpachtung gelebt hat.
Zum anderen waren die Menschen romantischer. Auf den Gräbern standen Sätze wie "Hier ruht mein innigstgeliebter Mann" oder "Die Liebe höret nimmer auf". Sehr schön auch "Hier trennt der Tod oft frühe die sich liebten, dort winkt ein frohes Wiedersehen - Einst wird die süße Hoffnung des Betrübten vehement in Erfüllung gehen".
Die Pause geht zu Ende und ich stelle auf dem Rückweg fest, dass Frieda und Emma schon immer zeitlose Namen waren.