Mittwoch, 28. Mai 2008

Stille in der Großstadt



Ich arbeite an einer lauten Strasse. Wenn ich mal den Kopf frei bekommen möchte, laufe ich über die Ampel und trete in eine andere Welt ein.
Der Torbogen ist grün berankt und innendrin ist es totenstill. Der Friedhof ist verwildert und die Gräber erinnern an Zeiten, in denen Menschen noch Heinrich, Agnes, Rudolph und Carl hießen.
In allen Ecken stehen Bänke unter Weiden, der Flieder blüht und die Vögel singen.
Ich fühle mich entspannt an einem Ort der Trauer? Ja.
Denn es fühlt sich eher an wie ein kurzer Besuch in der Toskana. Die Mauern sind so hoch - der Lärm der Stadt schafft es nicht hinein.
Zwei Dinge habe ich festgestellt. Zum Einen gab es früher schönere Berufsbezeichnungen. Da liegt der Magistratsbureauleiter neben dem Commerzienrat, Rittergutsbesitzer und dem Rentier. Damit ist natürlich nicht die Hirschart in den Tundren gemeint. Sondern eine Person, die vom angelegten Kapital oder der Landverpachtung gelebt hat.
Zum anderen waren die Menschen romantischer. Auf den Gräbern standen Sätze wie "Hier ruht mein innigstgeliebter Mann" oder "Die Liebe höret nimmer auf". Sehr schön auch "Hier trennt der Tod oft frühe die sich liebten, dort winkt ein frohes Wiedersehen - Einst wird die süße Hoffnung des Betrübten vehement in Erfüllung gehen".
Die Pause geht zu Ende und ich stelle auf dem Rückweg fest, dass Frieda und Emma schon immer zeitlose Namen waren.